Hinteres Abteil

King's Cross - Gleis Neundreiviertel - Am Gleis

Harry hatte mit Hilfe des rothaarigen seinen Koffer in das hintere Abteil des Zuges verfrachtet und saß nun am Fenster. Er blickte verstohlen heraus und schaute sich die Verabschiedung der rothaarigen Familie an, welcher er zum Gleis neundreiviertel gefolgt war. Er fühlte einen kleinen Stich in seiner Brust. Er hatte niemanden, der ihn verabschiedete. Tante Zelda hatte ihn nur begleitet, weil sie gehässig mit ansehen wollte, wie Harry das passende Gleis nicht fand.
Nachdem auch die letzten Schüler eingestiegen waren, erfüllte ein Pfiff um genau elf Uhr die Luft und der Zug setzte sich in Bewegung.
Harry lehnte sich zurück. Nervosität kam in ihm auf.
Er war auf dem Weg nach Hogwarts.

Kaum hatte der Zug sich in Bewegung gesetzt, da waren seine beiden Brüder auch schon verschwunden.
So schleppte Bart seinen Koffer allein durch den Zug und lief an vielen besetzten Abteilen vorbei. Ganz hinten, im letzten Wagen, fand er ein Abteil, in welchem nur ein Junge saß. Es war der Junge mit der Brille, welchem Fred mit seinem Koffer geholfen hatte.
Vorsichtig zog er die Abteiltür auf.
"Ist hier noch frei?", fragte Bart vorsichtig.

Bart lächelte und setzte sich, nachdem er seinen Koffer in das Gepäckband gelegt hatte.
"Ja, das war Fred. Er und Georg sind Zwillinge und älter als ich. Das heißt sie sind schon länger in Hogwarts und ich werde an ihren Leistungen gemessen."
Bart driftete kurz in seinen Gedanken ab.
"Ich hab mich noch gar nicht vorgestellt: Ich bin Bart Weasley." Er reichte dem Jungen mit der Brille die Hand.

Barts Familie hatte nie viel Geld gehabt. Deswegen liefen seine Ohren auch leicht rot an, als Harry ihm anbot, sich an dem großen Haufen Süßigkeiten zu bedienen. Etwas eingeschüchtern nahm er sich einen Kesselkuchen und hockte sich damit wieder auf seinen Sitz. Bart musterte den Jungen mit der Brille. Ihm fiel die Narbe auf seiner rechten Hand auf, wollte aber nicht danach fragen. Außerdem viel ihm, als sie durch einen sonnigen Abschnitt fuhren, die zwei unterschiedlichen Augenfarben auf. Das Schweigen bauschte sich auf und wurde für Bart etwas unangenehm.
"Wo sind denn deine Eltern? Du warst doch alleine am Gleich, oder?", fragte Bart mit versucht belangloser Stimme.

Bart kaute an einem großen Stück Kesselkuchen und schluckte es eher schlecht als Recht runter.
"Jaja, Muggel ist richtig. Das mit deinen Eltern tut mir leid. Das wusste ich nicht." Er biss erneut von seinem Kesselkuchen ab und schaute Harry kauent an. "Was ist denn mit ihnen passiert?", fragte er, verschluckte sich sofort und musste husten.
Blöder Kerl!, dachte er. Wie konnte er einem Jungen, den er grade mal fünf Minuten kannte, nur so eine private Fragen stellen. Am liebsten hätte Bart sich auf die Zunge gebissen. "Also ... ähm ... ich meine ... Ich will ja nicht neugierig sein ... Und wenn du nicht ... naja, nicht drüber reden willst ... ist das ok. Es geht mich ja eigentlich auch nichts an."
Bart legte das letzte Stück Kesselkuchen beiseite, unentschlossen ob er es jetzt überhaupt noch essen sollte.

Bart zuckte bei der Erwähnung des Namens so heftig zusammen, das nicht nur sein Kesselkuchen auf den Boden fiel sonder er selbst auch vom Sitz rutschte und auf den vibrierenden Boden plumpste. Sogar seine Sommersprossen wurden blass als er Harry mit runden Augen anstarrte. Mehrere Dinge schockten Bart auf einmal. Natürlich war es schrecklich, dass die Eltern von Harry von Du-weißt-schon-wem getötet worden sind. Doch fast noch mehr schockte ihn, dass dieser Junge den Namen so leichtfertig aussprach. Den Namen, welchen die meisten Zauberer und Hexen einfach nicht wagten auszusprechen.

Bart ließ sich, immer noch schwer atmend, von Harry wieder auf den Sitz helfen und legte sich die Hand auf die Brust. Sein Herz schlug wie wild.
"Meine Fresse ... Du hast den Namen von Du-weißt-schon-wem gesagt.", presste er hervor und rang immer noch nach Fassung. Bart hatte wohl mal Gerüchte gehört, dass z.B. Dumbledore, der Schulleiter von Hogwarts, Du-weißt-schon-wen's Namen aussprach, doch er hatte noch nie jemanden getroffen der es wirklich tat. Seine Eltern, alle Bekannten und Kollegen seines Vaters aus dem Ministerium, sie alle sprachen den Namen niemals aus.

Bart fasste sich langsam wieder und sein Atem ging wieder langsamer. Er konnte es sich gar nicht vorstellen wie es war, ohne Angst vor diesem Namen aufzuwachsen. Jeder Zauberer, egal ob er die Schreckensherrschaft miterlebt hatte oder nicht, fürchtete diesen Namen.
"Also halt mich jetzt nicht für einen Angsthasen oder so! Aber alle die ich kenne, sprechen diesen Namen nicht aus. Man hat einfach immer noch Angst vor ihm. Ich hab bisher niemanden getroffen, der den Namen ausgesprochen hat. Das hat mich umgehauen."
Bart fürchtete insgeheim doch, dass Harry ihn jetzt für einen Angsthasen hielt und wechselte deswegen rasch das Thema.
"Darf ich fragen, was du da auf der Hand hast?"

Bart glotzte Harry erstaunt, mit kugelrunden Augen an.
"Du-weißt-schon-wer wollte dich töten, konnte es aber nicht? Krass. Das ist ja wie bei Harry Potter. Ach, den kennst du natürlich auch nicht."
Bart strich sich über die breite Nase und schaute, nachdem er bemerkte wie sehr er den Jungen ihm gegenüber anstarrte, aus dem Fenster.
Er wusste nicht, was er noch sagen sollte.
"Ähm ... Für welche Quidditchmannschaft bist du eigentlich?", fragte er, nachdem das Schweigen erneut unangenehm wurde.

Bart hätte sich am liebsten gegen die Stirn geschlagen. Natürlich, woher sollte Harry wissen was Quidditch ist, wo er doch bei Muggeln aufgewachsen war.
"Ach ich glaub nicht, dass du der schlechteste sein wirst. Es gibt viele Kinder aus Muggelfamilien und auch wir anderen fangen praktisch bei Null an. Mach dir da also keinen Kopf drum.", sagte Bart und lächelte Harry an. "Quidditch ist ein Sport, der auf Besen gespielt wird. Alle sind ganz verrückt nach Quidditch." Und er begann Harry die einzelnen Regeln bis ins Detail zu erklären. Er war grade dabei, die unzähligen Möglichkeiten zum Faulspiel zu erklären, als die Abteiltür aufgeschoben wurde.

Draco war mit zwei seiner Freunde (er benutzte diesen Begriff weil Lakaien sich einfach nicht gehörte zu sagen) unterwegs und wollte mal gucken, was so im Zug los war. Sie liefen von Abteil zu Abteil und blieben hier und da mal stehen. Er merkte sofort, dass sein Name einiges an Respekt verursachte. Das gefiel ihm.
Im letzten Waggon des Zuges, im hinteren Abteil, fanden sie einen Jungen mit einer Brille und einen mit roten Haaren und Sommersprossen. Der rothaarige konnte einfach nur ein Weasley sein. Draco schob die Tür auf und stellte sich (links und recht von seinen Kumpanen eingerahmt) in die Tür.
"Wen haben wir denn hier?", fragte er mit schnarrender Stimme und seine Augen musterten den rothaarigen Jungen und seine abgetragene Kleidung. "Kannst ja nur ein Weasley sein, oder? Man Dad hat mir von deiner Familie erzählt, alle rote Harre und mehr Kinder als sie sich leisten können." Seine beiden Begleiter gackerten kehlig.

Draco verschränkte böse lächelnd die Arme vor der Brust und seine beiden Bgleiter (beide breitschultrig) ließen die Fingerknochen knacken.
"Jetzt setzt da jemand für den Rotschopf ein? Wer bist du denn, Brillenschlange?"
Draco musterte den Jungen. Er kannte ihn nicht. "Du weißt wohl nicht, wer ich bin! Ich bin Draco Malfoy.", sagte er fast schon feierlich und betonte besonders seinen Nachnamen.

Draco schaute den Harry Peverell einen Augenblick lang an. Der Name sagte ihm nichts.
"Peverell? Gehörten deine Eltern denn zu uns?", fragte er mit feixender Stimme.
Er machte einen Schritt ins Abteil und seine beiden Begleiter folgtem ihm.
"Das sind übrigens Crabbe und Goyle. Und ich glaube, wir haben keine Lust zu gehen. Wir haben bei uns schon alles aufgegessen und ihr hab ja noch ne Menge Futter da."
Crabbe und Goyle kicherten mit tiefer Stimme und Draco griff in den Haufen Süßigkeiten und nahm eine Schachtel Schokofrösche.

Bart hatte, als Malfoy über seine Familie herzog, betreten zu Boden geschaut. Er kannte die Familie Malfoy vom Hörensagen und nichts, was er über diese Familie gehört hatte, war etwas gutes. Er bewunderte Harry sogar ein klein bißchen, dass dieser sich den dreien so bereitwillig entgegenstellte. Als Malfoy sich eine Schachtel Schokofrösche nahm, reichte es ihm. Bart sprang auf und zog seinen Zauberstab.
"Verschwinde, Malfoy!", sagte er und versuchte die Unsicherheit in seiner Stimme zu unterdrücken. "Macht die Biege und geht jemand anderem auf die Nerven!"

Draco lachte, und Crabbe und Goyle stiegen in sein Lachen mit ein, als Weasley sich erhob, seinen Zauberstab zog und sie aufforderte zu gehen.
"Schau einer an, der Rotschopf kann ja sprechen.", feixte er.
Crabbe und Goyle machten einen Schritt nach vorn, stellten sich vor Draco und ließen die Muskel spielen.
"Es macht aber Spaß, euch auf die Nerven zu gehen." Er wand seinen Blick wieder Peverell zu.
"Ich erkläre dir mal, wie das läuft! Manche Zaubererfamilien sind besser als andere.", erklärte er und schaute bei dem letzten Wort abwertend zu Weasley. "Sicherlich hast du keine Lust, dich mit der falschen Sorte abzugeben, oder? Dreck färbt ab, musst du wissen."